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Anna Schwertel und die zwei armen Musikanten

Traditionelles Dreikönigstreffen am VierherrensteinRotenhain Vierherrenstein 2020.02 v1

Nach alter Tradition wurden auch diesmal am Sonntag nach dem Dreikönigstag am Vierherrenstein zwischen den Gemeinden Lochum, Linden, Rotenhain und Wölferlingen Frevel und Verfehlungen gesühnt. An diesem Nachmittag trafen sich die Schultheiße dieser vier Gemeinden, um an den Gemeindegrenzen in aller Öffentlichkeit über bekannt gewordene Frevel und Verfehlungen zu richten. Nach Gericht und Urteil ist es

Brauch, dass die Herren den traditionellen Vergeltungsschluck aus dem Trinkhorn nehmen und so auf ein weiteres Jahr in friedvoller Nachbarschaft anstoßen. Dieser Brauch wurde 2009 am „Vierherrenstein“ wiederbelebt.

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Auch das gemeine Volk war eingeladen, dem Spektakulum beizuwohnen. Einige Besucher kamen gewandet. Darunter auch Rosel Kanz aus Bellingen, die für die schönen Kostüme der Mitwirkenden verantwortlich war und der hierfür mit einem Blumenstrauß gedankt wurde.

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Ausrichter war in diesem Jahr die Gemeinde Rotenhain. Stellvertretend hieß Ortsbürgermeister Thomas Ziomek die Anwesenden herzlich willkommen.
Auch seine Amtskollegen Roland Müller (Linden), Frank Petmecky (Lochum) und Christoph Simon (Wölferlingen) waren mit Eifer bei der Sache. Zugegen waren auch die Vertreter der Verbandsgemeinden Westerburg, VG-Bürgermeister Markus Hof, der Beigeordnete der VG Selters, Axel Spiekermann, und der Beigeordnete der VG Hachenburg, Helmut Kempf. Begrüßt wurden auch die Ortsbürgermeister Gisela Benten (Weltersburg), Beate Salzer (Alpenrod) sowie Christian Benner (Nistertal).

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Nach alter Tradition wurden auch diesmal am Sonntag nach dem Dreikönigstag am Vierherrenstein zwischen den Gemeinden Lochum, Linden, Rotenhain und Wölferlingen Frevel und Verfehlungen gesühnt. Mit einem Theaterstück luden die Organisatoren zu einer kleinen Zeitreise ein.

Buch und Regie für das nun folgende Theaterstück lagen erneut in den Händen von Albert Schaad aus Rotenhain. Die Informationen und Hintergründe für diese Lokalhistorie fand Schaad diesmal im Archiv des ehemals eigenständigen Dorfes Todtenberg. Die Zeitreise führte die Besucher 110 Jahre zurück ins Jahr 1910.

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Die erste Angeklagte war Anna Schwertel. Die Tochter von Karl Schwertel aus Lochum ist fleißig und hat sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen. Ihr wird an diesem Tag jedoch vorgeworfen, dass sie um Viertel vor 12 Uhr unberechtigter Weise über eine Wiese bei Heineichen und Dickelsberg gegangen sei. Heute unvorstellbar, war es aber seinerzeit Gesetz, dass nach dem 1. Mai diese nicht mehr betreten werden darf. Der Grund hierfür war, dass die Bauern das Gras für ihr Vieh brauchen. Somit auch das Gras von den sonst begehbaren Trampelpfaden. Das Gericht entscheidet, dass Anna zur Strafe entweder 1 Mark zahlen muss oder aber ins Gefängnis kommt. Lautstark jammert Anna, dass sie nicht ins „Bullesje“ will.

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Ihr Bruder Johann legt ein gutes Wort ein, doch jeder Einwand und Widerspruch ist zwecklos. Nun soll es Joseph Mies und seinem Sohn Felix an den Kragen gehen. Die Beiden haben am 15. Juli 1910 gegen die Gewerbeverordnung verstoßen und unerlaubt auf den öffentlichen Straßen in Todtenberg Musik gemacht. Auch hier hatte sich Albert Schaad als Regisseur einiges einfallen lassen, so dass auch diese Gerichtsverhandlung auf amüsante Weise vorgetragen wurde. Natürlich stimmte dann auch das gemeine Fußvolk gerne in das Westerwaldlied ein, dass die beiden Musikanten auf ihren Instrumenten vortrugen. Das so gesammelte Geld kam der Gemeindekasse zugute, so dass Vater und Sohn ihre Strafe zahlen konnten. Das gelungene Theaterstück, das immer wieder für Lacher sorgte, wurde von den rund 200 Schaulustigen mit kräftigem Beifall honoriert.
Zu den Mitwirkenden zählten Joachim Wintrich aus Wölferlingen (als Vogt), Nadine Erbach aus Enspel (als Anna Schwertel), Frank-Josef Höffner aus Wölferlingen (als Vater von Anna), Gabriele Schaad aus Rotenhain (als Mutter von Anna), Johannes Brunenberg aus Lochum (Bruder von Anna), Arnold Abresch aus Rotenhain (Feldhüter Christian Benner), Klaus Schmidt und Sebastian Benner beide aus Nistertal (beide als Musiker) und Bürgermeister Schneider (Thomas Ziomek). Erstmals dabei war der Ortsbürgermeister aus Enspel, Dieter Wisser. Er schlüpfte in traditioneller Gendarmerie-Uniform in die Rolle von Wachtmeister Antoni.
Für das leibliche Wohl der Gäste war bestens gesorgt. So bot der Verein Historica verschiedene Getränke an und die Ortsgemeinde Rotenhain eine deftige Erbsensuppe mit Einlage. Die Bewirtung erfolgte durch die neue Burgschänkenwirtin Sarah Gerlitzki, die am 1. Februar die Wiedereröffnung der Burgschänke feiert. Die Spendeneinnahme kommt der Kita Stockum-Püschen zugute. Federführend für diese Veranstaltung war der Verein Historica Rotenhain. Somit dankte abschließend Oberritter Pitter (Peter Benner) allen Anwesenden für ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung, die auch im nächsten Jahr an diesem Schauplatz stattfinden soll.
(Text: Ulrike Preis, Foto: Peter Benner)