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Pfarrer Eckehard Brandt geht in den Ruhestand

Abschied nach 37 Jahren in WesterburgBrandt2 v1

Fast 37 Jahre lang prägt Pfarrer Eckehard Brandt das Leben in der Evangelische Kirchengemeinde Westerburg. Hier wurde er im Dezember 1984 in der Schlosskirche ordiniert und trat seine erste Pfarrstelle an. In Schlesien geboren wuchs Brandt in Alpenrod auf und den Westerwald wirklich verlassen mochte er nie. Zwar ging er zum Studium der Theologie nach Frankfurt und Mainz und die praktische Ausbildung zum Pfarrer,

das Vikariat, absolvierte er im hessischen Gladenbach - doch nach dem Spezialvikariat im Limburger St. Vincenz Krankenhaus und in der JVA in Diez zog es ihn wieder zurück in den Westerwald. Nach Westerburg diesmal und für eine lange Zeit. Die Westerburger Gemeinde mit rund 3000 Gemeindegliedern ist in zwei Pfarrbezirke eingeteilt: Den Jakobus-Bezirk und den Johannes-Bezirk. Pfarrer Brandt übernahm damals den Johannes-Bezirk mit einzelnen Straßenzügen Westerburgs und den Orten Halbs, Hergenroth, Stahlhofen und Ailertchen. Die zweite Pfarrstelle war im Laufe der Jahre mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen besetzt. Vor kurzem ist Pfarrer Maic Zimmermann aus Höhn auf die Stelle gewechselt. Zu der Kirchengemeinde gehört auch die Evangelische Kindertagesstätte in der Danziger Straße gegenüber dem Evangelischen Gemeindehaus. In Westerburg wurde im Jahr 1860 durch Pfarrer Karl Ninck der erste Kindergarten des Herzogtums Nassau eingerichtet. Bis heute ist die Kindertagesstätte ein wichtiges Standbein der Gemeinde. Großen Anteil nahm Pfarrer Brandt auch an der Entwicklung der Schullandschaft im Westerwald. Zusammen mit anderen beteiligte er sich intensiv am Aufbau des Evangelischen Gymnasiums Bad Marienberg. Bis 2011 war Eckehard Brandt zusätzlich zu seiner Pfarrtätigkeit Geschäftsführer der Schule. Von 1992 bis 2011 war er außerdem stellvertretender Dekan des Evangelischen Dekanats Bad Marienberg.

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Pfarrer Eckehard Brandt geht nach 37 Jahren in Westerburg in den Ruhestand. - Text und Fotos: Sabine Hammann-Gonschorek

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Pfarrer Brandt gestaltet im Pfarrer-Ninck-Haus eine Andacht über den Zöllner Zachäus für die Kitakinder von der Evangelischen Kita Westerburg.

Im Interview blickt Pfarrer Brandt auf seine Dienstjahre zurück. Die Fragen stellte Sabine Hammann-Gonschorek.

Frage: Sie waren 37 Jahre Pfarrer in Westerburg. Was fühlen Sie, wenn Sie an Ihren Abschied denken?

Brandt: Das Abschiednehmen fängt ja schon früher an. Bei vielen Gelegenheiten in den letzten Monaten war mit bewusst: Das machst du jetzt zum letzten Mal. Der letzte St. Martins-Gottesdienst, das letzte Weihnachten, die letzte Konfirmation… das hat ich sehr bewegt. Das Abschiednehmen ist wie eine Schwangerschaft, die dauert ja auch neun Monate (lacht). Das muss vielleicht so sein, wenn etwas Neues beginnt. Wehmut ist natürlich dabei, aber Umbrüche gehören im Leben mit dazu.

Frage: Was ist für Sie als Pfarrer wichtig gewesen oder wichtig geworden?

Brandt: Wichtig war mir immer, bei den Menschen zu sein, mit ihnen zu leben. Als Kirche mittendrin zu sein, Kontakt zu haben. Es war ein wichtiges Standbein meiner Arbeit, über die Knotenpunkte im Leben, in denen sich das Leben verändert, wie Hochzeiten, Taufen, Konfirmationen begleitend dabei zu sein und den Menschen Gottes Segen weiterzugeben und zuzusprechen.
Wichtig war es mir auch, offen für politische Fragen zu sein. Als Kurt Beck Ministerpräsident war, war er mal den ganzen Tag hier bei uns in der Kirchengemeinde, als Zeichen dafür, dass Kirche auch zur Politik was zu sagen hat. Kürzlich haben wir zu den Montagsspaziergängern Stellung bezogen. Da gabs auch ein paar böse Briefe, aber das ist dann eben so.

Frage: An welche Projekte/Situationen/Menschen erinnern Sie sich besonders?

Brandt: In 37 Jahren ist natürlich eine Menge passiert. Deutlich erinnere ich mich an die Integration der Russlanddeutschen vor über 30 Jahren. Es gab in Westerburg sehr viele Übergangswohnheime. Viele von ihnen waren evangelisch, aber sie hatten ganz andere Sitten und Bräuche – das war sehr spannend anzusehen.
Auch im Kulturbereich waren wir als Kirche aktiv. Wir haben viele Veranstaltungen mit renommierten Künstlern gehabt: Lesungen, Konzerte. Ich erinnere mich an die Lesung mit Hamed Abdel-Samad. Der Islamkritiker kam mit acht Personenschützern und in einem gepanzerten Wagen zum Pfarrer-Ninck-Haus. Kurz zuvor war eine Morddrohung gegen Abdel-Samad ausgesprochen worden. Daraufhin wurde er unter andauernden Polizeischutz gestellt.
Mit der Kirchengemeinde haben wir auch immer viele Fahrten gemacht, die sehr beliebt waren. Gerade waren wir in Ostpreußen, konnten aber Kaliningrad- das frühere Königsberg- wegen der derzeitigen Situation nicht besuchen – das ist gerade eine hochgefährliche Gegend. Als letzten Gemeindeausflug geht es für mich demnächst an den Rhein. Dafür gibts schon 90 Anmeldungen.

Frage: Was war schwer als Pfarrer?

Brandt: Tragische Sterbefälle, die es immer wieder mal gab: Kinder, junge Menschen, Morde, Suizide. Das bleibt natürlich in Erinnerung, das sind Sachen, die steckt man nicht so einfach weg. Aber schwere Situationen sind auch sehr intensiv, da merkt man etwas von der Kraft des Evangeliums. Wenn wir Menschen begleiten, wo wir selbst an unsere Grenzen kommen, wo es keine Worte gibt, da ist es wichtig, dass wir als Kirche einfach da sind.

Frage: Was war schön?

Brandt: Ich habe ganz viele schöne Dinge erlebt. Zum Beispiel haben wir
haben wir eine große evangelische Kita mit 120 Plätzen und dadurch viel mit Kindern zu tun. Sehr gerne arbeite ich mit den Erzieherinnen und Erziehern zusammen und mache regelmäßig Andachten für die Kinder. Auch an der Grundschule sollten Pfarrer präsent sein und über Schulgottesdienste Kontakt zu den Kindern und Familien halten. Kindergottesdienste habe ich mit viel Freude gemacht. Aber auch die Arbeit mit älteren Menschen ist menschlich so bereichernd. Ich habe lange in der diakonischen Arbeit, mit dementiell erkrankten Menschen und mit Altenheimen zusammengearbeitet. Ab 70 Jahren bin ich in der Kirchengemeinde zu Geburtstagsbesuchen gegangen. Da trifft man ja dann nicht nur den Jubilar, sondern auch Enkel und Schwiegersohn. Da ist man mitten im Alltag der Menschen.

Frage: Was haben Sie im Ruhestand vor?

Brandt: Wir haben in Alpenrod ein Häuschen gebaut und wohnen schon drin. Meine Frau Renate und ich haben so viele familiäre Kontakte in Westerburg, dass wir in der Nähe bleiben wollen. Aber mit dem richtigen Maß an Distanz. Wir halten uns an das Gleichnis von Schopenhauer über die frierenden Stachelschweine. Wir wollen weit genug von den Stacheln weg sein, aber noch nah genug, um sich gegenseitig zu wärmen. (lacht)

Frage: Was geben Sie der Westerburger Kirchengemeinde mit?

Brandt: Es werden viele Veränderungen und stärkere Kooperationen durch den Reformprozess EKHN2030 kommen. Ich wünsche der Kirchengemeinde Westerburg viel Offenheit und Kreativität auch neue Wege gehen zu können, die nötig werden. Und ich wünsche den Menschen in der Kirchengemeinde, dass sie weiterhin im Miteinander Gemeinschaft erleben.

Die Verabschiedung von Pfarrer Eckehard Brandt findet am Sonntag, den 17. Juli um 14 Uhr in der Evangelischen Schlosskirche in Westerburg statt.