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Ehlers-Danlos-Syndrom führt bei Anna im Alltag zu Taubheitsgefühlen und Schwindel

Tag der seltenen Erkrankungen

Am 29. Februar 2024 ist wieder der „Tag der seltenen Erkrankungen“. Anna (Name geändert) ist eine junge Frau aus der Region, die unter dem Ehlers-Danlos-Syndrom leidet. Sie hat im Landkreis Limburg-Weilburg für Betroffene eine neue Selbsthilfegruppe gegründet, für die sie sich über weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter freuen würde. „Mir ist es wichtig, dass Menschen mit ihren Beschwerden von den

Ärzten, der Gesellschaft, aber auch von der Politik ernst genommen werden“, sagt die 32-Jährige. Nur weil eine Krankheit nicht sofort erkannt werden könne, heiße das nicht, dass ein Mensch nicht wirklich ernsthafte gesundheitliche Probleme haben könne.

Die vom Ehlers-Danlos-Syndrom Betroffene weiß sehr gut, wovon sie spricht. Bei ihr wurde auch von einem Arzt angenommen, ihre Beschwerden seien rein psychosomatisch bedingt. Ein anderer diagnostizierte ihr ADHS, was aber nicht all ihre Beschwerden begründete. Leider denken normalerweise Hausärzte und Hausärztinnen sowie normale Fachärzte und Fachärztinnen nicht direkt an eine mögliche seltene Erkrankung, so Annas Erfahrungen. Hinzu kommen lange Wartezeiten auf Facharzttermine, das Weiterleiten zu wieder anderen Fachmedizinern und auf Untersuchungsergebnisse. Anna wurde von Kliniken mehrfach abgelehnt mit der Begründung, dass es nicht genügend Vorbefunde gäbe und man sie lieber an eine psychosomatische Klinik weiterverweisen würde. Dadurch ging ebenfalls sehr viel Zeit verloren. Insgesamt dauerte es bis zur endgültigen Diagnose laut ihren eigenen Angaben ungefähr zehn Jahre.

Anna hat eine hypermobile Form des Ehlers-Danlos-Syndroms, durch das sie vor allem im Alltag der sitzlastigen modernen Welt sehr viele Schwierigkeiten hat. Bereits wenige Stunden am PC zu arbeiten führt dazu, dass ihre Muskeln sehr schnell verspannen und die Nerven beeinträchtigen, sodass Schwindel und Schmerzen entstehen. Der Druck, der durch die schnell verspannende Muskulatur bei sitzenden oder stehenden Tätigkeiten auf die Nerven ausgeübt wird, kann zu Taubheitsgefühlen, Entzündungen oder schlimmstenfalls Lähmungen führen. Aber auch orthostatische Kreislaufbeschwerden bestimmen den Alltag. Vor allem Situationen, wie das Stehen in einer Warteschlange oder das Warten auf öffentliche Verkehrsmittel, insbesondere bei wärmeren Temperaturen, können einen Kreislaufzusammenbruch auslösen.
Bereits in der Schule waren die Kreislaufprobleme so auffällig, dass sie deswegen oft zu Hause bleiben musste und viel vom Unterricht verpasste. Lehrer und Mitschüler unterstellten ihr, keine Lust zu haben. Auch Autofahren ist für sie nicht mehr möglich, weil das Sitzen die Nerven der Beine und die Motorik beeinträchtigt. Sie musste immer schon viel laufen und in Bewegung bleiben um die Kreislaufprobleme in Schach zu halten. Anna liebt es privat, sich handwerklich zu betätigen, doch auch hier ist ihre Zeit länger zu stehen oder zu sitzen begrenzt. Immer wieder muss sie ihre Projekte unterbrechen, weil Gliedmaßen taub werden, sie durch den absackenden Kreislauf benommen im Kopf wird und sich nicht mehr konzentrieren kann oder weil sie starke Schmerzen (sehr häufig auch Migräne) hat. Ihre Probleme mit dem Kreislauf findet Anna am schlimmsten, denn durch ihre Kreislaufproblematik kann sie sich nicht länger konzentrieren. „Wenn dieser Punkt eintritt, wo ich mich nicht mehr konzentrieren kann (und das passiert meistens schon nach wenigen Minuten) muss ich mich eine Zeit lang bewegen, damit ich wieder klar denken kann - in der Schule oder bei der Arbeit war das nicht möglich“, sagt Anna.

Auf das Ehlers-Danlos-Syndrom kam sie durch einen Hinweis ihres ehemaligen Orthopäden. In einer Klinik wurde dann nach mehreren weiteren Tests und Untersuchungen die Verdachtsdiagnose Ehlers-Danlos-Syndrom bestätigt. „Man wird durch eine solche Krankheit sehr einsam“, berichtet die Betroffene. Um mit Freunden weggehen zu können, müsse sie immer in sehr guter körperlicher Verfassung sein. Um ihren Kreislauf für einen Tag lang stabil halten zu können, muss Anna Ausdauersport machen, am besten täglich, weil sie nur dadurch Arzttermine, Behördentermine oder auch private Treffen ohne allzu viele Beschwerden wie Benommenheit, Unkonzentriertheit oder auch Kreislaufzusammenbrüchen wahrnehmen kann.

Allerdings ist Anna aufgrund ihrer gesundheitlichen Lage nicht mehr im Stande ihr gewünschtes Studium anzutreten oder etwas anderes zu arbeiten. Zu vielfältig und einschränkend sind ihre Beschwerden. “Es gibt so viele Dinge, die mich interessieren würden, aber mein Körper macht das alles nicht mit.” Nicht arbeiten gehen zu können aufgrund einer Erkrankung, für die man nichts kann, ist wie für alle anderen Menschen mit einer chronischen Erkrankung und derselben Situation eine zusätzliche Belastung für Anna. Es fehle vor allem an finanzieller Unterstützung, die die hohen krankheitsbedingten Mehrkosten abdecken würden.

Anna möchte gerne auf diesem Wege weitere Mitglieder für ihre Selbsthilfegruppe finden, um Menschen mit der gleichen Erkrankung kennenzulernen. Denn es ist sehr schwer, Menschen mit einer seltenen Erkrankung in der Nähe ausfindig zu machen. Sich mit Gleichgesinnten im Internet zu vernetzen, wäre für sie sehr unpersönlich.

Wer auch am Ehlers-Danlos-Syndrom leidet und sich an der neuen Selbsthilfegruppe beteiligen möchte, erreicht die Selbsthilfestelle der Kreisverwaltung dienstags, mittwochs und donnerstags jeweils von 8 bis 14 Uhr unter Telefon 06431 296-635 oder 0160 90714155 bzw. per E-Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. (Michelle Bautz).